Gestern hatte ich dir ja von Seth Godin’s Buch „Linchpin“ vorgeschwärmt. Ein Konzept daraus hat es mir so angetan, dass ich heute ein bisschen tiefer eintauche: der Begriff der „emotionalen Arbeit“, die Godin für unersetzlich hält.
Beim Lesen des Buches ist mir dieser Begriff „emotional work“ anfänglich sehr schwer gefallen – bis ich realisiert habe, dass die direkte Übersetzung „emotionale Arbeit“ zu nüchtern ist und der Idee einfach nicht gerecht wird. Wovon Godin hier wirklich redet, ist das gute, alte „Herzblut“. Ein wunderbar altmodischer Begriff in einer Zeit, in der der Erfolg einer Webseite in der Anzahl der „visitors“ gemessen wird, der Erfolg einer Unternehmung in Rendite, und der Erfolg von Kunst (und ich gebrauche den Begriff hier wie Godin in einem sehr weiten Sinne) an „Followers“ und „likes“.
Und nein, es sind nicht die englischen Begriffe, die mich hier stören. ;-)
Es stört mich auch nicht, dass Erfolg an sich quantifizierbar gemacht wird. Wenn ich über Jahre auf „Weg der Offenen Türen“ schreibe, ohne dass sich jemals jemand for meine Gedanken interessiert, dann ist auch das eine ernstzunehmende Rückmeldung.
Was mich stört? In all diesen Gleichungen fehlt das Herzblut, das ein Mensch in diese Projekte gesteckt hat.
„Herzblut“ ist ein unglaublich starker emotionaler Begriff: Etwas von Herzen geben, manchmal unter Blut, Schweiß und Tränen – viel mehr kann man für andere nicht tun.
Die Krankenschwester, die kurz vor Ende einer langen Schicht noch einmal nach einer älteren Patientin sieht, obwohl der Dienstplan das nicht verlangt. Der Programmierer, der bemerkt, dass die Benutzeroberfläche der neuen Software sehr umständlich werden wird, und der deshalb extra noch einmal beim Auftraggeber nachfragt – obwohl er den Job auch einfach nach Spezifikation hätte erledigen können. Der Lehrer, dem auffällt, dass die Leistungen einer Schülerin langsam abrutschen, und der sich dann um diese Schülerin kümmert und das Gespräch mit den Eltern sucht.
Das alles sind Menschen, die Herzblut in ihre Arbeit stecken, anstatt einfach „Dienst nach Vorschrift“ abzureißen.
Wird davon die Patientin schneller gesund? Werden die Benutzer später mit der Software besser zurechtkommen? Wird die Schülerin deshalb in der Schule besser oder glücklicher?
Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wichtig ist aber, dass Herzblut in der Sache steckt… dass ein Mensch sich darum bemüht hat, die Welt für uns alle ein klein wenig besser zu machen.
In was kannst du noch mehr Herzblut „investieren“?
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