Meine besten Texte schreibe ich, wenn ich sie nicht geplant habe.
(So wie, ironischerweise, diesen hier – von dem ich jetzt noch nicht wissen kann, dass er gut wird, es aber trotzdem weiß. Auch wenn das paradox klingt.)
Meine besten Texte, die andere Menschen berühren und bewegen, das sind die, die einfach heraus wollen. Kein Wenn und kein Aber – die wollen in diese Welt kommen, und sie wollen das durch mich und JETZT.
In diesen Texten stecken, natürlich, irgendwie meine Ideen, meine Gedanken, meine Erfahrungen.
Aber zugleich stecken darin Dinge, die woanders her kommen.
Die alten Griechen würden vielleicht von ihrer Muse reden – mir persönlich ist es aber relativ egal, woher die Inspiration für diese Texte kommt.
Sie sind da, und ich darf sie aufschreiben und veröffentlichen. Und das genügt mir.
Natürlich kommen sie nicht immer in den bequemsten Momenten. (Unter der Dusche einen Artikel aufzuschreiben ist ein wenig problematisch.)
Und wenn ich sie zu lange „aufbewahre“, bevor ich sie niederschreibe, dann geht die Magie verloren. Dann ist der Inhalt zwar noch da, aber der Text schwingt nicht mehr. Es ist immer noch ein guter Text, aber nicht mehr einer von diesen ganz Besonderen.
Im Lauf der Zeit habe ich für mich Strategien entwickelt, wie ich diese Eingebungen wenigstens für eine kurze Weile aufbewahren kann, ohne sie zu verlieren. Aber dann müssen sie raus – sonst verlassen sie mich wieder.
Wenn ich einen solchen Text dann aufgeschrieben habe, dann fühle ich mich auf eine Art zufrieden, die ich mit meiner anderen Arbeit selten erreiche.
Und wenn ich ihn am nächsten Tag noch mal durchlese, dann gibt es meist nicht viel zu ändern. Vielleicht mal ein einzelnes Wort, ein vergessenes Komma, ein kleiner Tippfehler – aber das war’s dann auch schon.
Der Text an sich ist da – und er schwingt.
Ohne dass ich polieren musste, oder umformulieren, oder mich bemühen.
Ohne dass ich Einleitung oder Schluss planen oder den Inhalt gliedern musste.
Er war einfach da, als Ganzes, und läuft wie ein Diktat durch meinen Kopf. (Zum Glück kann ich leidlich schnell 10-Finger-Schreiben, sonst hätte ich schon manches Mal den Anschluss verloren…)
Wie gesagt, meine besten Stücke sind so entstanden. Und inzwischen kann ich mit diesen Eingebungen nicht nur umgehen und sie zulassen, sondern sie zu einem gewissen Grad zu einem bestimmten Thema auch herausfordern – auch wenn es keine Garantie dafür gibt.
Manchmal kommt ein Text, und manchmal kommt er eben nicht. Manchmal kommt er schneller, und manchmal dauert es Tage. Und manchmal kommt er, wie dieser Text hier, ganz überraschend zu einem Thema, mit dem ich mich grade gar nicht aktiv beschäftigt hatte.
Nun glaube ich nicht, dass ich in irgendeiner Form etwas Besonderes bin. Oder dass ich eine besondere Beziehung zu meiner Muse oder irgendwelchen anderen Inspirationsquellen habe.
Ich kann einfach nur mit einem Medium gut umgehen (in meinem Fall geschriebenen Texten). Und ich habe im Lauf der Zeit gelernt, auf diese Eingebungen zu hören.
Beides ist nicht schwer. Mit ein wenig Übung kann jeder lernen, mit einem Medium gut umzugehen. Und mit ein wenig Übung kann auch jeder lernen, mehr auf solche Eingebungen zu hören.
Ja, auch du!
Was will durch dich in diese Welt kommen – und bringst du es tatsächlich in die Welt? Oder ignorierst du es so lange, bis es wieder von dir geht?
Foto: Michal Lomza
Conny sagt
Liebe Regine,
super schöner Text – wirklich etwas Besonderes, von dem man spürt, dass er raus musste und genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.
Vielen herzlichen Dank dafür – erinnert mich sehr an das Buch Big Magic und der Hypothese, dass Ideen/Eingebungen sich ihren Platz/Mensch als Gastgeber suchen – und dieser Mensch dann aber auch genau zu diesem Zeitpunkt offen dafür sein muss. Scheint bei Dir und dem Schreiben zu sein ;-)
Regine sagt
Hallo Conny,
freut mich, dass er dir gefallen hat! :-)
Ja, manche Sachen müssen einfach raus. Ich glaube, man muss nur für sich selbst das Medium finden, in dem die Sachen kommen wollen…
Liebe Grüße,
Regine