Das war ja eine ziemliche Schockwelle, die diese Woche um die Welt ging: von ungläubigem Staunen über fassungslose Verzweiflung bis hin zu wütender Ablehnung war alles dabei — und selbst viele, die sich dieses Wahlergebnis in den USA gewünscht hatten, haben wohl selbst nicht so recht daran geglaubt, dass es wahr werden könnte.
Nachdem wir alle jetzt Zeit hatten, einmal tief Luft zu holen, nachdem die Siegesparties und die Katerstimmung wenigstens teilweise abeklungen sind, stellt sich ganz banal die Frage: Und was tun wir jetzt?
Ich tue mich, das gebe ich ehrlich zu, mit dem Ergebnis dieser Wahl sehr schwer. Das hat zum einen Gründe in der Person des Siegers, den ich mir nach seinem Verhalten in den letzten Monaten und Jahren einfach nicht in so einer Machtposition vorstellen kann und mag.
Zum anderen aber passt die US-Wahl in eine ganze Reihe von Ereignissen und Entwicklungen, die wir in der letzten Zeit auf unserem Planeten sehen:
Völlige Abgrenzung und Abschottung. Unbegründeter Hass. Persönliche Angriffe anstatt sachlicher Gespräche. Gewalt, egal ob nur angedroht oder tatsächlich ausgeführt.
Und hinter all dem: Angst. Angst vor Veränderung, vor Verlust, vor Enttäuschung, vor Herausforderung, vor dem Andersartigen.
Einige dieser Ängste kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, wie jeder andere Mensch wahrscheinlich auch. Manches macht auch mir Angst, und für eine völlig offene, freie Welt sind wir als Menschheit vielleicht einfach noch nicht reif genug.
Ängste, so sie denn da sind, sind legitim, sie sollen wahrgenommen und sie dürfen ausgedrückt werden.
Was ich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist die Art, wie manche Menschen ihre Ängste ausdrücken. Mit Gewalt. Durch Einschüchterung. Durch Verunglimpfung oder Beschimpfungen.
Teilweise liegt das natürlich an den Möglichkeiten unserer heutigen Zeit: Mit ein paar wenigen Mausklicks könnte ich einen hässlichen Kommentar über einen anderen Menschen veröffentlichen, den potentiell Hunderte oder Tausende anderer Menschen lesen — wann in der Geschichte der Menschheit war es schon einmal so einfach, eine Plattform zu haben?
Andererseits bestärken genau diese Möglichkeiten aber auch unsere uralten Ängste: Je mehr ich von anderen sehe und erfahre, z.B. im sozialen Netz, desto bewusster wird mir das „andere“, und desto mehr muss ich mich vielleicht abgrenzen.
Und die Medien tun das ihre, um den Teufelskreis von Aufmerksamkeit, Konfrontation und schlechten Nachrichten noch zu verstärken, denn schließlich bringt er die „Quote“.
Hinzu kommt noch, dass gerade die moderne Technik es uns paradoxerweise immer einfacher macht, uns in unserem Kokon einzuigeln. Ich muss das Haus nicht mehr verlassen, um mit der ganzen Welt in Kontakt zu kommen. Auf der anderen Seite aber zeigt mir diese digitale Welt der Suchmaschinen und der sozialen Netze durch „intelligente“ Algorithmen am liebsten genau die Meinungen und „Freunde“, die meine eigene Meinung bestätigen und zu meinem Umfeld passen. Das „Andere“ wird systematisch ausgeblendet und weiter weg geschoben.
Anstatt uns geistig herauszufordern und uns mit dem „Anderen“ auseinanderzusetzen, sehen wir es deshalb nur noch von weitem als Bedrohung, und suhlen uns gleichzeitig in einem Umfeld, das unsere Meinung noch verstärkt.
Was also tun nach dieser Wahl?
- Nachdenken. Uns herausfordern lassen. Auch die unbequemen Dinge lesen.
- Wieder mehr hinausgehen in die echte Welt. Den Bildschirm abschalten. Mit realen Menschen zusammenkommen, nicht nur mit digitalen Quotes und Likes. Auch wenn diese Menschen eine andere Meinung haben als du.
- Unser Ding weitermachen. Unseren Beitrag leisten. Die Welt braucht Menschen, die sie Stück für Stück ein bisschen besser machen, egal was um uns herum passiert. In diesen seltsamen Zeiten mehr als je zuvor.
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